Marktorganisation

Der Projektbereich C ist der Analyse der Governance Struktur von Märkten gewidmet. Es wird die Interdependenz zwischen Marktstruktur, Marktverhalten und Markteffizienz unter Einbeziehung der wettbewerbspolitischen Rahmenbedingungen analysiert. Die Analyse beinhaltet zum einen die positive und normative Theoriebildung und zum anderen die empirische Überprüfung an Hand von Fallstudien sowie von experimentellen und ökonometrischen Untersuchungen. Im Projektbereich C werden die in Projektbereich A entwickelten Ansätze zur Theorie strategischer Interaktion und des Designs von Institutionen mit industrieökonomischen Fragestellungen verbunden. Der Bereich der internen Governance von Organisationen, die im Projektbereich B im Vordergrund steht, wird um die Perspektive der Interaktion zwischen verschiedenen Institutionen erweitert.

In der vergangenen Förderperiode umfasste der Projektbereich C sieben Teilprojekte. Da aus unterschiedlichen Gründen vier dieser Teilprojekte, nämlich C1 (Bühler), C3 (Illing/Rees), C4 (Oechssler) und C7 (Theissen/Nöldecke) ausgeschieden sind bzw. ausscheiden, und zwei Teilprojekte, nämlich C8 (Falk/Heidhues) und C9 (von Thadden) neu beantragt werden, verringert sich die Zahl der Teilprojekte für die beantragte Förderperiode auf fünf.

Ein wesentlicher Aspekt im Projektbereichs C betrifft die Rolle von Innovationsaktivitäten und neuen Technologien. So wurden im Teilprojekt C2 (Harhoff/Stahl) empirische und theoretische Ansätze benutzt, um die in den letzten 15 Jahren ohne zusätzlichen F&E-Aufwand drastisch gestiegene Patentneigung der Unternehmen zu erklären. Eine mögliche Erklärung, der sich mehrere Beiträge des Teilprojekts widmen, ist die strategische Absicht, Marktmacht in Produktmärkten zu erlangen bzw.die bestehende Marktmacht zu sichern. Für die empirische Analyse wurden in dem Teilprojekt die Unternehmensdaten aus dem Mannheimer Innovationspanel (MIP) mit den Patentdaten des europäischen Patentamtes verknüpft und analysiert. So zeigt sich z.B., dass mit der Patentierung verbundene strategische Blockade- und Tauschmotive mit einem im Durchschnitt geringeren Patentwert einhergehen, was die Frage nach der Optimalität der Patentierungsvorschriften neu aufwirft.

Neben einer Erweiterung der Analysen zum strategischen Aufbau von Patentportfolios und korrespondierend dazu dem optimalen Re-Design der Patentschutzrichtlinien ist für die beantragte Förderperiode die Aufbereitung eines Datensatz zur Beantragung und Nutzung von Handelsmarken geplant. Die Datensätze sollen insgesamt in der beantragten Förderperiode dazu dienen, spezifische aus der Innovationstheorie entwickelte Thesen sowie allgemeine theoretische Erklärungsansätze, wie sie besonders im Teilprojekt A8 (Heidhues/Rady) entwickelt werden, für die beobachteten Veränderungen im Bereich der Patente und des Markenrechts empirisch zu überprüfen. Insbesondere soll die Komplementarität bzw. Substitutivität in der tatsächlichen Nutzung von Patentschutz und Markenschutz analysiert werden. Die Prüfung des Rechtsschutzes auf seine Wohlfahrtswirkungen geht dann in Vorschläge zu seiner Änderung ein..

Neue Technologien stehen auch im Vordergrund des Teilprojekts C6 (Stahl). In diesem Teilprojekt wurde zunächst die Wirkung der neuen Informations- und Kommunikationsmedien auf die Entwicklung von unterschiedlichen Handelskanälen untersucht. Die mit der Nutzung elektronischer Handelskanäle einher gehende Anonymität der Handelspartner erzeugt moralische Risiken vielfältiger Art, denen mit der Zertifizierung der zum Tausch angebotenen Güter oder der Entwicklung von Mechanismen zum Reputationsaufbau für die Handelspartner begegnet wird. Eine empirische Analyse des Reputationsaufbaus in eBay, dem nach Umsatz weltweit größten (elektronischen) Markt, zeigt jedoch, dass der dort implementierte Mechanismus zur Beurteilung des Handelspartners zu systematischen positiven Verzerrungen führt, die mit relativ geringem Aufwand beseitigt werden können. In der beantragten Förderperiode sollen in enger Verbindung vor allem zu den Teilprojekten A1(Bester) und A8 (Heidhues/Rady) weitere theoretische und empirische Untersuchungen zu den die Entwicklung der neuen Handelskanäle begleitenden Problemen angestellt werden.

Änderungen in den Kommunikations- und Transportkosten wirken sich auch auf die sachliche sowie die geographische Organisation der Zuliefermärkte aus. Dieser Zusammenhang wurde im Teilprojekt beispielhaft in Fallstudien zur Automobilindustrie, und darauf aufbauend, in theoretischen Modellen betrachtet. So wurden innerhalb von Mechanismus Design Modellen unter Parameterwerten, die den Spezifika der Industrie Rechnung tragen, die grundsätzlichen Unterschiede zwischen dem japanischen und dem mitteleuropäischen Beauftragungssystem der Zulieferer abgeleitet und begründet. In der beantragten Förderperiode sollen die theoretischen Arbeiten in Kooperation vor allem mit den Teilprojekten A1 (Bester), A4 (Rady/Schmidt) und A5 (Schweizer/von Hagen) weitergeführt werden. Sie werden ergänzt um empirische Untersuchungen zu Eigentums- und Kontrollverflechtungen in dieser Industrie, in intensiver Zusammenarbeit mit dem Teilprojekt C5 (Kamecke/Röller).

Aspekte der Wettbewerbspolitik für die Governance von Märkten werden im Teilprojekt C5 (Kamecke/Röller) betrachtet. In diesem Arbeitsbereich wurden u.a. politökonomische Ansätze zur Erklärung wettbewerbspolitischer Eingriffe entwickelt und getestet, so zur Fusionskontrolle, zu staatlichen Subventionen (Beihilfepolitik, Firmenförderprogramme) und zu Aspekten der Regulierung. Beispielsweise wird für die Fusionskontrolle gezeigt, dass Lobbyismus (identifiziert durch die Zahlungsbereitschaft von Unternehmen für die Erzielung von Fusionsgewinnen) keinen signifikanten Einfluss auf die Kontrollentscheidung hat, während Länder- und Brancheneffekte sowie verfahrenstechnische Aspekte, welche die den Entscheidungen zugrunde gelegte Definition des relevanten Marktes beeinflussen, eine zentrale Bedeutung haben können.

Für die beantragte Förderperiode wird im Mittelpunkt des Teilprojekts zunächst die Aufgabe stehen, die direkten und indirekten Wirkungen von wettbewerbspolitischen Entscheidungen, insbesondere der Fusionskontrolle zu untersuchen, wobei die direkten Wirkungen von dem Akt der Fusionskontrolle selbst, und die indirekten Wirkungen von den daraus von den Markteilnehmern spezifizierten Erwartungen ausgehen. In einem zweiten Teil des Teilprojekts geht es in Kooperation mit dem Teilprojekt C2 (Harhoff/Stahl) um die Analyse der Wechselbeziehungen zwischen der den Marktzutritts beschränkenden Innovations- und der den Marktzutritt fördernden Wettbewerbspolitik.

Die Informationseffizienz von Finanzmärkten unter besonderer Berücksichtigung der Obligationenmärkte soll in dem neu beantragten Teilprojekt C9 (von Thadden) untersucht werden. Aus theoretischer Sicht geht es dabei um das Problem strategischen Informationserwerbs und die Frage nach der Liquidität in Suchmärkten. Um die Rolle von Preistransparenz, Händlerwettbewerb und Marktstruktur zu analysieren, sollen Obligationenmärkte als dezentrale Suchmärkte modelliert werden. Parallel dazu sollen für die empirische Untersuchung Daten zur Transparenz von Märkten für Unternehmensobligationen gesammelt werden. Die Fragestellungen des Projekts sind insbesondere relevant im Blick auf die politische Debatte der Finanzmarktdirektiven der Europäischen Kommission. Damit sind ein methodischer Querbezug zu einer Reihe von Projekten im Projektbereich A, besonders dem Teilprojekt A8 (Heidhues/Rady), sowie ein enger inhaltlicher Querbezug zum Teilprojekt C5 (Kamecke/Röller) gegeben.

Mit dem zweiten neu beantragten Teilprojekt im Projektbereich C, nämlich dem Teilprojekt C8 (Falk/Heidhues) soll die weitgehend auf den üblichen Rationalitätsannahmen basierende Forschung im Projektbereich C durch verhaltenstheoretische Ansätze bereichert werden. In diesem Projekt sollen die Implikationen von sozialen Präferenzen und Verlustaversion für verschiedene Markt- und Organisationsformen untersucht werden. Dies betrifft sowohl die Analyse des Marktgleichgewichts (z.B. Preisstarrheiten durch Verlustaversion) wie auch Verträge in Arbeitsmärkten (Vertragsdurchsetzung, endogene Arbeitsnormen). Das Teilprojekt wird theoretische und empirisch-experimentelle Arbeiten beinhalten, wobei letztere speziell in dem soziale Präferenzen betreffenden Teil in enger Kooperation mit dem Teilprojekt A4 (Rady/Schmidt) durchgeführt werden sollen.

Ähnlich wie in dem neu beantragten Teilprojekt C8 ging es in dem Ende 2005 wegen des Wechsels des Projektleiters an die Universität Heidelberg beendeten Teilprojekt C4 (Oechssler) um die Berücksichtigung von Alternativen zum üblichen Rationalitätskonzept. Unter anderem wurden Aussagen der traditionellen Industrieökonomik, z.B. zur strategischen Bedeutung von Fremdkapital, und zum Zusammenhang zwischen der Anzahl der Firmen und der Wettbewerbsintensität in einer Industrie experimentell überprüft. Zu Beispiel wurde in einer Studie zum zweiten Themenbereich die Seltensche These Two are Few and Four are Many für Konkurrenzverhalten bestätigt. Ein weiterer Arbeitsbereich befasste sich mit der experimentellen Untersuchung von Faustregeln (Imitationstheorien, Evolutionsdynamiken) und Gruppenentscheidungen.

Die zum Ende dieser Bewilligungsperiode ausscheidenden Teilprojekte C1 (Bühler), C3 (Illing/Rees) und C7 (Nöldeke/Theissen) waren verschiedenen Fragen der Governance von Finanzmärkten gewidmet. So wurde im Teilprojekt C1 untersucht, welche Wirkung die Bankenregulierung auf den Kreditmarkt und dadurch auf den realen Sektor hat. Im Teilprojekt C3 wurden Innovationen in Informationstechnologien und die Regulierung von Finanzmärkten betrachtet. Hierbei ging es zum einen um Anreizeffekte und politökonomische Aspekte der Regulierung, zum anderen unter dem Stichwort "Markttransparenz" um Mechanismen der Informationsweitergabe und -verarbeitung. Ein weiterer Schwerpunkt des Teilprojekts war die Untersuchung der Effizienzeigenschaften des Wettbewerbs zwischen verschiedenen Handelssystemen. Technologische Entwicklungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie die Veränderungen regulierungstechnischer Rahmenbedingungen standen auch im Vordergrund der Analyse der Organisation des Wertpapierhandels im Teilprojekt C7. Es wurden sowohl experimentelle Arbeiten (z.B. über die Rolle von loss aversion und Anonymität) wie auch theoretische Arbeiten zur Mikrostruktur von Finanzmärkten durchgeführt.

Bereichssprecher

Prof. Konrad Stahl, Ph.D.

Fakultät für Volkswirtschaftslehre
Universität Mannheim
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