Reputation in der Zertifizierungsindustrie

Kurzzusammenfassung

 

Dieses Teilprojekt befasst sich mit der Reputation von Ratingagenturen. Ziel ist es, die Erlangung von Reputation sowie den Wert von Reputation für Ratingagenturen zu untersuchen. Darüber hinaus soll analysiert werden, welchen Einfluss die Finanzkrise auf die Reputation von Ratingagenturen hatte. Das Projekt gliedert sich in drei Teilbereiche.

Der erste Teilbereich befasst sich mit der Messung von Reputation von Ratingagenturen und den Faktoren, die diese Reputation beeinflussen. Im ersten Schritt geht es dabei um die Identifikation von exogenen, reputationsrelevanten Ereignissen. Anschließend analysieren wir die Auswirkungen dieser Ereignisse auf die Qualität und den Informationsgehalt von Ratings sowie den Marktanteil von Ratingagenturen. Dabei soll insbesondere bestimmt werden, wie sich Fehleinschätzungen der drei großen Ratingagenturen (Moody’s, S&P, Fitch) hinsichtlich der Bewertung von strukturierten Produkten messbar auf ihre Reputationen in diesem als auch in anderen Produktbereichen (z.B. Unternehmensanleihen) ausgewirkt haben. Kernfrage ist dabei, inwiefern Reputation auf Ratingagentur-Produktebene, auf Ratingagenturebene oder sogar nur auf Ratingindustrieebene besteht. Der letzte Fall ist insbesondere von gesamtwirtschaftlichem Interesse.

Der zweite Teilbereich befasst sich mit der Frage nach dem Aufbau von Reputation. Dabei sollen die Möglichkeiten, die Ratingagenturen zum Reputationsaufbau nutzen, untersucht werden. Zwei Themen stehen hier im Vordergrund. Zum einen soll untersucht werden, inwiefern das spezielle „Through-the-Cycle“-Verhalten[1] der Ratingagenturen durch Reputationsargumente erklärt werden kann. Darüber hinaus sollen Markteintrittsstrategien von Ratingagenturen analysiert werden.

Der dritte Teilbereich befasst sich mit der Interaktion zwischen Emittent und Ratingagentur. Hier soll untersucht werden, wie sich die Veröffentlichung von Ratingmethoden auf die tatsächlichen Ausfallwahrscheinlichkeiten auswirken. Ist die Ratingmethodik öffentlich bekannt, kann z.B. ein Emittent ein Produkt so strukturieren, dass die Ausfallwahrscheinlichkeit am oberen Ende einer Ratinggruppe liegt. Unterschätzt oder überschätzt die Ratingagentur den Einfluss einzelner Faktoren auf die Ausfallwahrscheinlichkeit, so können Produkte so strukturiert werden, dass deren Bonität deutlich unterhalb der von der Ratingagentur vorhergesagten Bonität liegt. Unsere Hypothese ist, dass unverzerrte Fehler der Ratingagentur verzerrte Ausfallwahrscheinlichkeiten verursachen können. Dies würde bedeuten, dass mehr Transparenz in der Ratingmethodik kontraproduktiv sein kann.


[1] „Through-the-Cycle“ beschreibt die Ratingpolitik, Ratings nicht von allgemeinen Konjunkturschwankungen abhängig zu machen. Dies führt zu einer positiven Autokorrelation von Ratings und zu einer gewissen Prognostizierbarkeit von zukünftigen Ratingänderungen.

 

Prof. Dr. Tim Adam

Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
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