Die Gestaltung von Turnieren im Rahmen der Corporate Governance

Kurzzusammenfassung

 

Eine wesentliche Ursache für Anreizprobleme in Unternehmen bilden nicht-verifizierbare Leistungssignale, deren Realisationen zwar von den beteiligten Vertragsparteien beobachtbar sind, nicht jedoch von einer dritten Partei. Vertragsabsprachen, die auf nicht-verifizierbaren Leistungssignalen basieren, lassen sich nicht vor Gericht durchsetzen und können daher kein Verhalten der Beteiligten beeinflussen. Beispielsweise könnte zwar einem Mitarbeiter für den Fall einer zufriedenstellenden Leistung eine Prämie versprochen werden. Wenn jedoch kein Leistungssignal existiert, das von einem Arbeitsgericht beobachtbar ist und zudem einen Rückschluss darauf geben kann, ob das Leistungsverhalten des Mitarbeiters zufriedenstellend im Sinne des Arbeitsvertrages ist, dann ist davon auszugehen, dass die Vertragsabsprache das Verhalten der Beteiligten nicht beeinflusst: Der Arbeitgeber wird ex post behaupten, die Mitarbeiterleistung sei nicht zufriedenstellend, um Lohnkosten zu sparen. Der Mitarbeiter wird dies antizipieren und entsprechend keine Leistungsanreize empfinden. Derartige Situationen mit lediglich subjektiver Leistungsbeurteilung lassen sich vielfach in realen Unternehmen beobachten.

Ein Lösungsansatz hierzu, der Opportunismus auf Seiten des Arbeitgebers verhindert, besteht in der Selbstbindung des Arbeitgebers, der sich glaubhaft verpflichtet, eine bestimmte kollektive Lohnsumme an seine Mitarbeiter zu zahlen. Da das Auszahlen der gesamten Lohnsumme verifizierbar ist, kann der Arbeitgeber durch eine subjektive Fehlbewertung einzelner Mitarbeiter keine Lohnkosten einsparen. Die Mitarbeiter müssen daher nicht befürchten, dass ihnen ex post die Lohnsumme vorenthalten wird. Zur anreizkompatiblen Verteilung der Lohnsumme auf die Mitarbeiter lassen sich Turniere verwenden, bei denen die Teilnehmer anhand ihrer relativen Leistung gerankt werden. Infolge der Selbstbindung des Arbeitgebers können Turniere trotz fehlender Verifizierbarkeit effektiv zur Verhaltenssteuerung in Unternehmen angewendet werden.

Die Lösung von Anreizproblemen bei Nicht-Verifizierbarkeit von Leistungssignalen soll in drei Schwerpunkten im Teilprojekt untersucht werden: (1) Zum einen soll das optimale Design von unternehmensinternen Turnieren analysiert werden, wobei neben Beförderungsturnieren auch weitere Anwendungen in Unternehmen betrachtet werden sollen. Beispielsweise soll der Frage nachgegangen werden, ob sich klassische Turnierverträge verbessern lassen, indem sie um die zusätzliche Regel ergänzt werden, dass ein Turniergewinner den zweitbesten Mitarbeiter mit einem bestimmten Mindestabstand schlagen muss. Da nicht-verifizierbare Signale den Ausgangspunkt bilden, besteht für die subjektive Leistungsbeurteilung als Grundlage für die Verteilung der Turnierpreise ein entsprechend großer Gestaltungsspielraum. Dadurch lassen sich in der Regel kardinale subjektive Leistungsmaße definieren, die Aussagen über die relative Leistung der Mitarbeiter geben. In diesem Fall lässt sich jedoch auch der Leistungsabstand zwischen zwei Mitarbeitern kardinal ermitteln und in einen Turniervertrag integrieren. Es soll daher untersucht werden, ob derartig modifizierte Turnierverträge aus Arbeitgebersicht zu einer Verbesserung führen, wobei zwischen verschiedenen Szenarien unterschieden werden soll (limited versus unlimited liability, Risikoneutralität versus Risikoaversion, homogene versus heterogene Turnierteilnehmer).

(2) Zum anderen sollen Turnierlösungen alternative Lösungsansätze bei nicht-verifizierbaren Signalen gegenüber gestellt werden, die Turniere entweder ersetzen oder aber ergänzen können. Im dynamischen Kontext sollen insbesondere relationale Verträge untersucht werden. Unter einem relationalen Vertrag versteht man dabei eine Vereinbarung, die zwar nicht vor Gericht einklagbar ist. Der Vertrag ist jedoch aufgrund der wiederholten Interaktion der beteiligten Parteien und den sich daraus ergebenden Sanktionsmöglichkeiten unerwünschten Verhaltens selbstdurchsetzend. Im Teilprojekt soll der Frage nachgegangen werden, wie die Effektivität relationaler Verträge durch die Gestaltung von Unternehmenshierarchien beeinflusst werden kann. Beispielsweise soll untersucht werden, unter welchen Umständen ein Unternehmen von der Ausgliederung von Aufgaben an externe Auftragnehmer profitiert, wenn Anreizverträge vornehmlich relationalen Charakter haben.

(3) Der dritte Schwerpunkt des Teilprojekts ist methodenbasiert und soll sowohl Inhalte des Schwerpunkts (1) wie auch Inhalte des Schwerpunkts (2) umfassen. Mit Christian Grund (Berufung an die Universität Würzburg) und Oliver Gürtler (Berufung an die Universität Köln) sind während der bisherigen Laufzeit des Teilprojekts zwei Mitglieder ausgeschieden, die sich methodisch insbesondere mit der Analyse von Felddaten bzw. der theoretischen Diskussion von Turnieren beschäftigt haben. Die theoretische Analyseebene ist durch den Teilprojektleiter sowie durch die weiteren Mitglieder der Grundausstattung (Anja Schöttner, Jörg Budde) abgedeckt. Die empirische Analyse von Felddaten hingegen soll in der dritten Förderperiode durch die Untersuchung von Laborexperimenten zu Turnieren und relationalen Verträgen ersetzt werden. Als neue Teilprojektmitarbeiterin konnte während der zweiten Förderperiode Petra Nieken gewonnen werden, die neben theoretischer Kompetenz insbesondere experimentelle Kompetenz in das Teilprojekt eingebracht hat. Mit Unterstützung von Petra Nieken sollen über Laborexperimente verhaltensökonomische Ansätze mit einbezogen werden, die in den Schwerpunkten (1) und (2) weitestgehend fehlen. Beispielsweise soll untersucht werden, wie emotionale Effekte auf Anreize in Beförderungsturnieren wirken, wenn das betreffende Unternehmen mit positiver Wahrscheinlichkeit in Konkurs geraten kann. Denkbar ist, dass der drohende Verlust bisheriger Investitionen in die interne Karriere zu starken Emotionen und dadurch zu außerordentlichen Leistungssteigerungen der Mitarbeiter führt. Möglich ist aber auch, dass aufgrund geringerer erwarteter Karriereeinkommen und dem Trittbrettfahrerproblem zwischen den Mitarbeitern – alle zusammen produzieren das öffentliche Gut „Überleben des Unternehmens“ – die individuellen Leistungen sinken.

Prof. Dr. Matthias Kräkel

Institut für Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
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