Strategische Interdependenzen und Institutionendesign

Inhaltlich geht es bei den Teilprojekten von Bereich A um die konzeptionellen Kernfragen des SFB. Die Abgrenzung ist allerdings nicht scharf, denn mit ihren Anwendungen strahlen diese Teilprojekte in die Projektbereiche B und C hinein.

Die Teilprojekte aus Bereich A verschreiben sich allesamt entweder der Vertragstheorie oder dem Mechanismus Design, insbesondere der Auktions- und Turniertheorie. Gemeinsam ist diesen Gebieten, dass Konzepte der Theorie nicht-kooperativer Spiele zur Anwendung gelangen, wobei aber die Spiele nicht exogen vorgegeben, sondern im Hinblick auf Effizienzziele endogen zu gestalten sind. Ein Vertrag lässt die Entscheidungen bei den Parteien, verändert aber die resultierenden Auszahlungen und damit die individuellen Anreize. Dasselbe geschieht, wenn der Ablauf einer Auktion, die Regeln von Märkten oder diejenigen von Turnieren zu gestalten sind.

Eine zentrale Rolle spielt dabei das informationstechnische Umfeld. In der klassischen Prinzipal-Agent-Theorie ist dieses Umfeld durch verborgene Handlungen oder verborgene Information bestimmt, im Fall des Hold-up-Problems zuweilen auch durch von den Parteien beobachtbare, vor den Gerichten aber nicht verifizierbare Informationen. Die Informationen sind entweder exogen gegeben, oder sie werden durch die Anstrengungen der Parteien und durch Kommunikation endogen erzeugt und verändert.

Die Lösungskonzepte der nicht-kooperativen Spieltheorie beruhen auf dem Nash-Gleichgewicht mit all seinen Erweiterungen auf Spiele mit asymmetrischer Information. Die zugrundeliegenden Präferenzen können sich dabei auf die individuelle Situation einer Partei beschränken, oder sie können Vergleiche zwischen den Parteien einschließen (soziale Präferenzen). In den meisten Beiträgen werden die Präferenzen als exogen vorgegeben angenommen. Aber auch die Entstehung und Ausprägung von Präferenzen soll thematisiert werden.

Neben der rein theoretischen Betrachtungsweise gewinnt auch im Projektbereich A die experimentelle Methode zunehmend an Bedeutung.

Die Teilprojekte von Bereich A lassen sich in diese gemeinsame Begriffswelt einordnen. Mit Vertragstheorie beschäftigen sich vornehmlich die Teilprojekte A1 (Bester/Tröger), A4 (Schmidt), A5 (Krähmer/Schweizer) und A7 (Strausz/Wolfstetter), wobei sich A7 auf der Schwelle zu Mechanism Design bewegt. Die Teilprojekte A3 (Moldovanu) und A10 (Szalay) sind schwerpunktmäßig im Bereich des Mechanism Design angesiedelt. Die Teilprojekte A8 (Rady), A2 (Konrad) und A9 (Corneo) erweitern den Projektbereich A, indem sie die Bedeutung von Informationsgewinnung, Konflikten und nichtmateriellen Anreizen für Allokationsmechanismen betrachten. Im Folgenden werden die Teilprojekte in der vorgeschlagenen Abfolge skizziert.

Teilprojekt A1 verwendet vertragstheoretische Ansätze zur Analyse von Allokationsproblemen, die durch asymmetrische Information und die Unvollständigkeit von Verträgen gekennzeichnet sind. Untersucht werden die mit der Delegation von Entscheidungsrechten, aber auch mit der Gewährung von Optionsrechten einhergehenden Anreize, wobei neben monetären Anreizen die transferfreie Gestaltung von Allokationsmechanismen betrachtet werden soll. Das Teilprojekt soll auch einen Erklärungsansatz für die historische Bedeutung der sogenannten „Premium Auktion“ liefern. Mehrgüterauktionen und die multi-dimensionale Qualitätswahl stehen genauso auf der Forschungsagenda wie Turniere, welche zur Lösung von Konflikten in Organisationen herangezogen werden. Es gibt vielfältige inhaltliche und methodische Verbindungen zu den anreiz- und vertragstheoretisch ausgerichteten Teilprojekten in Projektbereich A, aber auch zu verschiedenen Teilprojekten in den Projektbereichen B und C, insbesondere B3 (Hellwig), B4 (Kräkel), B8 (Adam) und C5 (Nocke/Röller).

Teilprojekt A4 (Schmidt) setzt seine viel beachteten Beiträge zur Theorie unvollständiger Verträge zwischen Parteien mit sozialen Präferenzen (Ungleichheitsaversion, Reziprozität etc.) fort. Autoritätsbeziehungen stellen eine besondere, gerade auch bei Arbeitsverhältnissen beobachtete Form der Delegation von Entscheidungsrechten dar. Die Unterstellung von sozialen Präferenzen soll zur Erklärung dieser Organisationsform beitragen. Externe Effekte reziproken Verhaltens sollen auch im Hinblick auf Missbrauchsmöglichkeiten untersucht werden, wobei hier die experimentelle Methode vorrangig zum Einsatz gelangen wird. Aufbauend auf früheren Laborexperimenten sollen darüber hinaus theoretische Modelle der dynamischen Entscheidungsfindung einer experimentellen Überprüfung unterworfen werden. Inhaltlich steht das Teilprojekt den Projekten A1 (Bester/Tröger), A5 (Krähmer/Schweizer) und B3 (Hellwig) besonders nahe, die sich ebenfalls mit unvollständigen Verträgen beschäftigen, sowie zu B9 (Corneo), das nicht-monetäre Anreize in den Vordergrund rückt. Methodisch gibt es enge Verbindungen zu den experimentell arbeitenden Projekten C8 (Falk) sowie A2 (Konrad) und B4 (Kräkel).

Teilprojekt A5 (Krähmer/Schweizer) untersucht in Kooperation mit Teilprojekt A1 (Bester/Tröger) und A7 (Strausz/Wolfstetter) ebenfalls die Delegation von Entscheidungsrechten und die davon ausgehende Anreizwirkung. Aber auch relationale Verträge, die eine besondere Form unvollständiger Verträge darstellen, sollen vertieft untersucht werden. Die bisher schon von diesem Teilprojekt gepflegte rechtsökonomische Analyse schuldrechtlicher Bestimmung soll weitergeführt und in der dritten Förderperiode zu einem Abschluss gebracht werden. Die Forschungsbemühungen des Teilprojekts sind getragen von der Methode der ökonomischen Vertragstheorie im Wechselspiel mit institutionellen Gegebenheiten des Schuldrechts, wobei auch die prozessuale Durchsetzung von Rechtsregeln ins Blickfeld der Analyse rücken soll. Neben der schon erwähnten Zusammenarbeit mit A1 und A7 gibt es zahlreiche Berührungspunkte zu den anreiz- und vertragstheoretisch orientierten Projekten A3 (Moldovanu), A4 (Schmidt), A10 (Szalay) und B3 (Hellwig), aber auch zu den empirisch ausgerichteten Projekten B7 (Marin) und B8 (Adam).

Teilprojekt A7 (Strausz/Wolfstetter) steht auf der Schwelle zwischen Vertragstheorie und Mechanism Design. Zum einen beschäftigt sich das Teilprojekt mit der Frage, wie Mechanismen Endogenitäten in der Informationsstruktur optimal ausnutzen können. Zum anderen sollen Aspekte von moralischem Risiko in die Theorie des Mechanism Design eingebaut werden. Die beabsichtigten Anwendungen sind mannigfaltig und umfassen Auktionen und Suchtheorien. Die Verknüpfungen mit den Teilprojekten A1 (Bester/Tröger) und A5 (Krähmer/Schweizer) wurden bereits hervorgehoben. Daneben gibt es thematische Verbindungen zu B8 (Adam) und C6 (Peitz/Stahl), die sich ebenfalls mit der Informationsübermittlung in Märkten befassen, sowie zu den anderen Anreiz- und vertragstheoretisch orientierten Teilprojekten, insbesondere zu den Teilprojekten, die sich mit Auktionen und Turnieren beschäftigen, also A2 (Konrad), A3 (Moldovanu), A10 (Szalay) und B4 (Kräkel).

Teilprojekt A 3 (Moldovanu) steht demgegenüber schon ganz auf der Seite des Mechanism Design. Aufbauend auf erfolgreichen Vorarbeiten der ersten beiden Förderperioden greift das Teilprojekt die von Wilson vorgebrachte Kritik auf. Wilson hält herkömmliches Mechanism Design für die Anwendung als wenig geeignet, weil – trotz verborgener Information – immer noch zu viel Wissen als bekannt vorausgesetzt werde. Als Antwort bietet die Literatur robustes Design an. Die im Teilprojekt gewonnenen Erkenntnisse legen allerdings nahe, einen weniger einschränkenden, nur lokalen Robustheitsbegriff zu verwenden, um der Gefahr der sonst drohenden Unmöglichkeitstheoreme angemessen zu begegnen. Die beabsichtigten Anwendungen umfassen Mehrobjektauktionen und mehrdimensionales Mechanism Design. Auch die Arbeiten zur Gestaltung von Auktionen und Turnieren sollen in einer dritten Förderperiode weiter vorangetrieben werden. Hier gibt es besonders enge Verknüpfungen mit A1 (Bester/Tröger), A7 (Strausz/Wolfstetter) und A10 (Szalay).

Teilprojekt A10 (Szalay) beschäftigt sich ebenfalls mit mehrdimensionalen Anreizproblemen. Es sind Arbeiten sowohl bei mehrdimensionaler Information als auch bei mehrdimensionalen Entscheidungsvariablen geplant. Anwendungen umfassen die optimale Regulierung von Mehrproduktunternehmen sowie die auch von anderen Teilprojekten zu untersuchende Delegation von Entscheidungsbefugnissen und deren Anreizwirkung. Je nach Art der Delegation spielt auch die Kommunikationsstruktur eine wichtige Rolle bei den Forschungsbemühungen des Teilprojekts. Das neue Teilprojekt ergänzt somit bestehende Teilprojekte und rundet das Themenportfolio des SFB in sinnvoller Weise ab. Inhaltlich und methodisch steht es den Teilprojekten A1 (Bester/Tröger), A3 (Moldovanu) und A7 (Strausz/Wolfstetter) besonders nahe.

Teilprojekt A8 (Rady) beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Erzeugung und Weitergabe von Information, wie sie auch in anderen Teilprojekten eine zentrale Rolle spielen. Die Konzentration erfolgt hier aber auf die theoretische Analyse strategischen Experimentierens mit öffentlicher und privater Information. Über die Analyse reiner Informationsexternalitäten hinaus will das Teilprojekt ausgewählte Aspekte der strategischen Informationserzeugung durch Unternehmen im unvollkommenen Wettbewerb untersuchen. Diese Thematik reicht in den Projektbereich C hinein und soll auch in enger Kooperation mit Teilprojekt C6 (Peitz/Stahl) erfolgen. Daneben gibt es methodische Schnittstellen zu den Teilprojekten A3 (Moldovanu) und A7 (Strausz/Wolfstetter).

Die spezifische Fragestellung von Teilprojekt A2 (Konrad) richtet sich auf ein tieferes Verständnis von Allianzen in Ressourcen verzehrenden Konflikten. Die Spieler können – wenn überhaupt – nur sehr unvollständige Verträge abschließen. Zu untersuchen ist, welche Anreize für die Bildung von Allianzen und deren Auflösung bestehen und welche Rolle Information dabei spielt. Die historisch-politikwissenschaftliche Forschung hat umfangreiches Anschauungsmaterial zu diesen Fragen hervorgebracht, welches Ausgangspunkt für die wirtschaftstheoretische, aber auch die experimentelle Analyse des Teilprojekts bilden soll. Das Teilprojekt teilt das Forschungsinteresse an Konflikten mit B4 (Kräkel) und an unvollständigen Verträgen mit A1 (Bester/Tröger), A4 (Schmidt), A5 (Krähmer/Schweizer) und B3 (Hellwig). Methodisch gibt es enge Beziehungen zu den experimentell arbeitenden Teilprojekten A4 (Schmidt), B4 (Kräkel) und C8 (Falk).

Teilprojekt A9 (Corneo) schließlich ergänzt die verhaltensökonomische Kompetenz des SFB an der Schnittstelle zwischen Ökonomie und Sozialwissenschaften. Methodisch dem rigorosen Rüstzeug der Wirtschaftstheorie verpflichtet betrachtet das Teilprojekt Entscheidungsträger, die nicht nur materielle Ziele verfolgen, sondern ihr Verhalten auch mit verinnerlichten Werten und sozialen Erwartungen in Einklang bringen möchten. Solche nicht-monetären Motive prägen das Verhalten von Individuen und sollten deshalb bei der Analyse von Organisationen Beachtung finden. Das Teilprojekt beschäftigt sich mit der Definition symbolischer Werte und deren Einfluss auf die Leistung von Organisationen und Märkten. Es liefert damit eine wichtige Ergänzung zu den Teilprojekten A4 (Schmidt) und C8 (Falk), die sich ebenfalls mit nicht-monetären Anreizen beschäftigen. Die Forschung in A9 ist aber auch relevant für A2 (Konrad), B4 (Kräkel) und B5 (Marin).

Im Projektbereich A sind folgende Veränderungen vorgesehen. Teilprojekt A1, welches zurzeit noch von Helmut Bester (FU Berlin) und Roland Strausz (HU Berlin) geleitet wird, soll mit Thomas Tröger (Mannheim) künftig einen neuen Teilprojektleiter neben Helmut Bester erhalten. Bedingt durch seine Berufung an die HU Berlin wechselt Roland Strausz nach Teilprojekt A7. Teilprojekt A4 soll künftig von Klaus Schmidt (München) allein geleitet werden, weil sich der bisherige zweite Teilprojektleiter Sven Rady (München) ganz dem Teilprojekt A8 widmen möchte. Teilprojekt A5 soll künftig von Daniel Krähmer gemeinsam mit Urs Schweizer (beide Bonn) geleitet werden. Jürgen von Hagen scheidet als Teilprojektleiter aus, weil er das zeitaufwendige Amt des Prorektors für Forschung übernommen hat. Das Teilprojekt A7 erhält neben Elmar Wolfstetter mit Roland Strausz (beide HU Berlin) künftig einen zweiten Teilprojektleiter. Paul Heidhues ist wegen Wegberufung als Teilprojektleiter ausgeschieden. Deshalb soll Sven Rady (München) künftig Teilprojekt A8 alleine leiten. Neu hinzukommen sollen die Teilprojekte A9 mit Giacomo Corneo (FU Berlin) und A10 mit Dezsö Szalay (Bonn) als Teilprojektleiter. All diese Veränderungen sind organisch gewachsen und stehen im Zusammenhang mit der auf die Bedürfnisse des SFB abgestimmten Berufungspolitik der beteiligten Standorte, aber auch mit der Schaffung der nötigen kritischen Masse an den beteiligten Universitäten.

Bereichssprecher

Prof. Dr.
Helmut Bester

FB Wirtschafts-
wissenschaft - Institut für Wirtschaftstheorie - Mikroökonomie

Freie Universität Berlin
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14195 Berlin

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