Corporate Governance

In Projektbereich B geht es inhaltlich um die Organisations-, Finanzierungs- und Entscheidungsstrukturen innerhalb von Unternehmen sowie zwischen dem Unternehmen und seinen Kapitalgebern. Corporate Governance ist eines der wichtigsten Anwendungsgebiete der Konzepte, die in Projektbereich A entwickelt wurden. Hier werden die Konzepte genutzt, um die Funktionsweise von Governance Strukturen zu modellieren, theoretische Vorhersagen zu gewinnen und diese empirisch zu überprüfen.

Teilprojekt B3 (Hellwig) beschäftigt sich mit der Frage, unter welchen Umständen eine (Quer-) Subventionierung von öffentlichen und privaten Unternehmen sinnvoll ist. Nach Ramsey und Boiteux kann eine Quersubventionierung die Effizienz  der Ressourcenallokation in vielen Fällen erhöhen. Dabei muss aber auch das Problem der Glaubwürdigkeit einer Ablehnung von Subventionen in die Analyse einbezogen werden, d.h., es müssen die relevanten Governance und Kontroll-Mechanismen untersucht werden. Dieses Thema erhält durch die Finanzkrise eine besondere Aktualität. Vielfältige staatliche Subventionen wurden mit dem Hinweis auf die „Systemrelevanz“ der Unternehmen begründet. Dieses „Too Political to Fail“ hat unmittelbare Implikationen für die Governance eines Unternehmens und des Unternehmenssektors. Aus den Entwicklungen während und nach der Finanzkrise ergeben sich wichtige Fragen zur Funktionsweise und Funktionsfähigkeit von „Marktdisziplin“ als Element der Governance privater Unternehmen und zu den Wechselwirkungen zwischen „Marktdisziplin“ und impliziten Staatsgarantien. Enge methodische Bezüge ergeben sich zu den vertrags- und anreiztheoretisch ausgerichteten Projekten in Teilbereich A, insbesondere zu A1 (Bester/Tröger), A3 (Moldovanu), A4 (Schmidt) und A5 (Krähmer/Schweizer). Inhaltlich wird das Projekt von der Zusammenarbeit mit B8 (Adam) und C9 (Schmidt-Dengler/von Thadden) profitieren, die sich mit Transparenz und Kontrolle auf Finanzmärkten befassen.

Eine wesentliche Ursache für Anreizprobleme in Unternehmen bilden nicht-verifizierbare Leistungssignale. Derartige Anreizprobleme können durch Turniere gelöst werden, bei denen sich die Unternehmung glaubhaft verpflichtet, eine bestimmte Lohnsumme an ihre Mitarbeiter zu zahlen. In Teilprojekt B4 (Kräkel) soll zum einen weiterhin das optimale Design von Turnieren analysiert werden. Zum anderen sollen Turnierlösungen alternative Lösungsansätze bei nicht-verifizierbaren Signalen gegenüber gestellt werden, insbesondere relationale Verträge. Hier gibt es enge Bezugspunkte zu A1 (Bester/Tröger) und A5 (Krähmer/Schweizer), die sich mit subjektiven Leistungsbewertungen und relationalen Verträgen beschäftigen. Inhaltlich steht das Projekt den Teilprojekten A2 (Konrad), A3 (Moldovanu) und A7 (Strausz/Wolfstetter), in denen es um Turniere und Auktionen geht, besonders nahe. Eine gemeinsame Fragestellung ergibt sich mit A9 (Corneo) zum Wettbewerb um symbolische Auszeichnungen. Methodisch wird ein zusätzlicher Fokus auf experimentelle Studien gesetzt, die auch verhaltensökonomische Ansätze mit einbeziehen. Hier soll der Austausch mit den anderen experimentell arbeitenden Teilprojekten, insbesondere A4 (Schmidt) und C9 (Falk), intensiviert werden. 

Das Teilprojekt B5 (Eckel/Schnitzer) befasst sich mit der Analyse der mikroökonomischen Bestimmungsfaktoren von ausländischen Direktinvestitionen (FDI) im Bereich Dienstleistungen. Dabei sollen die Interdependenzen zwischen Markteintritt und Marktstruktur im Dienstleistungsgewerbe untersucht und die Unterschiede in der internationalen Unternehmensorganisation zum produzierenden Gewerbe sowohl theoretisch als auch empirisch herausgearbeitet werden. Ein weiterer Schwerpunkt des Projektes besteht darin, theoretisch und empirisch die Interdependenz von Globalisierung und Innovation zu analysieren. Dabei sollen insbesondere die Innovationsentscheidung endogenisiert und deren Einfluss auf die Produktivität von Unternehmen und die Marktstruktur bestimmt werden. Inhaltliche Bezüge ergeben sich insbesondere zu den Teilprojekten B7 (Marin), C2 (Harhoff/Peitz) und C5 (Nocke/Röller) zum Zusammenhang von Marktstruktur und Innovation.

Im letzten Jahrzehnt hat sich die Unternehmung fundamental geändert. Die „neue Unternehmung“ ist global, weniger hierarchisch und humankapitalintensiv. Das Teilprojekt B7 (Marin) untersucht die Ursachen und Konsequenzen dieser Veränderungen in der Unternehmensorganisation. Es baut auf den im Rahmen des Teilprojekts B5 (vormals Marin/Schnitzer) entwickelten Erkenntnissen auf und wird sich in Zukunft auf die folgenden zwei Fragestellungen konzentrieren. Erstens, welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Anstieg der Vorstandsbezüge in reichen Industrieländern und der Globalisierung?   Zweitens, welche Rolle spielt die Organisationskultur multinationaler Unternehmen für den Organisations- und Technologietransfer zwischen Ländern? Hier gibt es inhaltliche Schnittstellen zu den industrieökonomisch und außenhandelstheoretisch ausgerichteten Teilprojekten B5 (Eckel/Schnitzer) und C5 (Nocke, Röller), sowie zu A9 (Corneo) und C8 (Falk), die sich mit dem Sozialkapital von Unternehmen beschäftigen.

Für die Möglichkeit eines Unternehmens, sich über die Kapitalmärkte zu finanzieren, spielt die Beurteilung von Ratingagenturen eine zentrale und, wie die letzte Finanzkrise gezeigt hat, gelegentlich verhängnisvolle Rolle. Problematisch ist vor allem, dass es bei Ratingagenturen zu Interessenkonflikten kommt, die die Ratings verzerren können. Um die Funktionsweise des Rating-Mechanismus besser zu verstehen soll sich das neu hinzukommende Teilprojekt B8 (Adam) mit der Rolle von Reputation in der Zertifizierungsindustrie beschäftigen. Der Markt für Ratings bietet gegenüber anderen Zertifizierungsmärkten erhebliche Vorteile für den Aufbau von Reputation, insbesondere durch beobachtbare Marktpreise und Mehrfachratings für ein und dasselbe Unternehmen. Hier gibt es interessante Verknüpfungen zu relationalen Verträgen, die theoretisch und experimentell in Projektbereich A, insbesondere in A4 (Schmidt) und A5 (Krähmer/Schweizer),  untersucht werden sowie zu Zertifizierung und Reputationsfragen im Teilprojekt C6 (Peitz/Stahl).  Den Schwerpunkt dieses Teilprojektes bilden empirische Studien, die aber auch durch theoretische Arbeiten fundiert werden sollen. Ziel ist es, den Aufbau von Reputation sowie den Wert von Reputation zu analysieren. Ein Schwerpunkt wird dabei die Untersuchung der Rolle der Ratingagenturen in der Finanzmarktkrise sein, was auch ein wichtiges Thema in Teilprojekt B3 (Hellwig) ist.

Das Ziel des Teilprojekts B6 (Maug) war es, bestehende Hypothesen zur Erklärung der Zyklizität von Fusionen und Übernahmen weiterzuentwickeln und empirisch zu testen. Das Projekt hat in der Förderperiode eine Reihe von interessanten Ergebnissen hervorgebracht. So konnte empirisch nachgewiesen werden, dass besonders Manager die eher das „ruhige Leben“ genießen, wertzerstörende Akquisitionen in Übernahmewellen durchführen. Im Rahmen des Moduls zur Fehlbewertungshypothese wurde mit der Hypothese der „Lotterie-Übernahmen“ ein neuer Erklärungsansatz für wertzerstörende Übernahmen getestet. Es wurde gezeigt, dass Manager mit einer Präferenz für schiefe Renditen durch Akquisitionen enorme Werte zerstören.  Insgesamt hat sich die Fragestellung allerdings als nicht nachhaltig genug erwiesen, um eine Fortsetzung der Arbeit ohne Qualitätseinbußen zu gewährleisten und weiterhin Publikationen mit Aussicht zur Publikation in führenden Fachzeitschriften hervorzubringen. Eine Neuorientierung des Projekts wäre praktisch auf die Beantragung eines neuen Projekts hinausgelaufen. Hinzu kommt, dass ein Mitarbeiter und eine Mitarbeiterin, die stark in das Projekt involviert waren, nach dem Abschluss ihrer Promotion den Lehrstuhl verlassen bzw. bereits verlassen haben und kurzfristig kein adäquater Ersatz verfügbar ist. Vor diesem Hintergrund hat sich der Projektleiter entschlossen, keine Verlängerung des Teilprojekts zu beantragen. 

Im Vergleich zur laufenden Förderperiode ergeben sich für den Projektbereich B in Zukunft die folgenden Veränderungen. Teilprojekt B5 soll künftig gemeinsam von Monika Schnitzer und Carsten Eckel (beide München) geleitet werden. Dalia Marin (München) scheidet aus dem Teilprojekt aus und soll ihr Forschungsprogramm künftig in einem eigenen Teilprojekt B7 weiterführen.Teilprojekt B6 geleitet von Ernst Maug (Mannheim) wird beendet. Neu hinzukommen soll Teilprojekt B8, geleitet von Tim Adam (HU Berlin), dessen Berufung explizit im Zusammenhang mit der Themenstellung des SFB erfolgte. Damit wird auch hier die strukturbildende Kraft des SFB unter Beweis  gestellt.

Bereichssprecher

Prof. Dr. Klaus M. Schmidt

Universität München
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